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Mäuseturm bei Bingen


Erlebnis Rheinland
Freizeit, Reise und Tourismus im Rheinland

 

Vom romantischen Rhein zur Rheinromantik

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Die Entdeckung und Interpretation einer Landschaft.

Der Mittelrhein zwischen Mainz und Köln erreichte eine Publikumswirkung, wie sie bis heute nur wenigen Regionen zuteil wurde. Im 19. Jahrhunderts löste der Rhein-Mythos den Prototyp des organisierten Tourismus aus. Der Mythos ist heute etwas verblaßt, aber der Zauber der Region lockt immer noch jedes Jahr Millionen Besucher.

"Die Ufer des Rheins gehören sicher zum Schönsten, was man auf der Welt schauen kann; von einem Ende zum anderen sind eine solche Menge von bedeutenden Städten, so viele Sehenswürdigkeiten, so viele dicht gereihte Schlösser, daß es unglaublich ist; sie liegen ganz nahe beieinander und nehmen sich äußerst stattlich aus mit ihren hohen Laufgängen, ihren Wetterfahnen und vergoldeten Knöpfen.", so der spanische Adelige Pero Tafur 1438. Diese Art des Landschaftempfindens war im ausklingenden Mittelalter sicher noch die Ausnahme. Zudem übersieht Tafur anscheinend den profanen Zweck vieler Burgen, die als Zollstationen errichtet worden waren, denn der Rhein war eine der wichtigsten Handelsrouten nördlich der Alpen. Im 14. Jh. existierten allein zwischen Bingen und Koblenz über zehn Zollgrenzen.

In der frühen Neuzeit entwickelten sich die Niederlande zu einer der führenden und vermögenden Handelsnationen, an der Welt interessiert und den Wissenschaften und der Kunst zugetan. Vielen niederländischen Kaufleuten war der Rhein wohlbekannt. Im 17. Jh. rückte der Mittelrhein als Objekt der Landschaftsmalerei in den Fokus niederländischer Künstler, mit zwei unterschiedlichen Intentionen. In den Niederlanden bestand ein Markt für umfangreiche Mappen- und Kartenwerke, zu deren Illustration Maler beauftragt wurden, ein realistisches, die Landschaft beschreibendes, topographisches Bild zu liefern.

Inspiriert von der gebirgigen Flußlandschaft mit ihren zahlreichen Burgen entwickelte sich gleichzeitig eine überhöhte, phantastischere Interpretation in der Malerei dieses Rheinabschnittes. Ihr bekanntester Vertreter ist Herman Saftleven (1609-1685), der auch in Deutschland erfolgreich war und dessen Stil beispielsweie von dem Frankfurter Maler Christian Georg Schütz d. Ä. (1718-1791) aufgegriffen wurde.

Das 18. Jh. war geprägt vom Geist der Aufklärung, Ratio und Logik bestimmten das Denken. Es entstand die klassische Bildungsreise, und viele Reisebeschreibungen dieser Zeit sind eher von nüchterner und landeskundlicher Art. Die Mittelrheinlandschaft wurde erst im letzten Drittel des 18. Jh. wieder als ein besonderes Erlebnis wahrgenommen. 1774 entsteht auf einer Rhein-Reise Goethes Gedicht "Geistes-Gruß". Hier tauchen erstmals zwei zentrale Grundlinien der deutschen Romantik auf; eine emotionale, kontemplative Naturbetrachtung und der idealisierte Rückgriff auf das deutsche Mittelalter.

Es sind jedoch die Briten, die Motor der touristischen Entwicklung werden. Die „Grand Tour“ hatte sich als fester Bestandteil in der Erziehung der betuchteren Kreise etabliert und viele Gentlemen nutzten die Rheinpassage für die Reise von oder nach Italien, allerdings maßen sie ursprünglich der Landschaft wenig Bedeutung zu.

Ein Wandel in der Wahrnehmung von Landschaft setzte in England in der Mitte des 18. Jh. ein. Vorzugsweise die heimischen Regionen in Wales und Schottland inspierierten eine neue Landschafts-Ästhetik, in der die pittoresken, unberührten, wilden, die Phantasie beflügelnde Elemente in der Vordergrund traten. Entsprechend entstand eine phantastische Literatur, die sich solcher Landschaftsbilder bediente, und deren spezielles Genre der „Gothic Novel“, der Schauerroman, populäre Verbreitung fand.

Die seinerzeit bekannte Autorin Ann Radcliff unternahm 1794 ein Rhein-Reise und publizierte im Jahr darauf eine Reisebeschreibung, der es dann auch nicht an schaurigen Ruinenphantasien mangelte. Der wohl berühmteste Roman dieser Gattung dürfte "Frankenstein, or the Modern Prometheus" (1818) von Mary Shelley (1797-1851) seien, die 1814 und 1816 das Rheintal bereiste. Dabei gelingt es Shelley in einer differenzierteren Sicht auch die durchaus idyllischen Seiten der Rheinlandschaft zu verarbeiten.

Illustrierte Reisebeschreibungen vom Mittelrhein lenkten den Fokus in den letzten beiden Jahrzehnten des 18. Jh. ebenfalls auf dieses Flußtal, fanden sich doch hier die Sujets in komprimierter Form. Bereits 1788 veröffentlichte John Gardnor ein aufwendiges Buch „Views taken on and near the river Rhine“. Mit seinen Darstellungen auf Aquatintablättern traf er die Vorstellungswelt seiner Zeit, mehrere einfachere Nachauflagen fanden eine große Verbreitung.

Unterbrochen durch die napoleonische Ära bricht sich die Reiselust der Briten nach Waterloo Bahn. 1816 bereist Lord Byron den Rhein und bringt ein vielbeachtetes poetisches Reisetagebuch heraus: "Childe Harold‘s Pilgrimage". In der Malerei wurde William Turner (1775-1851), der ab 1817 wiederholt in die Region reiste, mit seinen dramatischen Lichtstimmungen zu einem herausragenden Protagonisten des romantischen Rheines.

Der technische Fortschritt leistet seinen Beitrag zur touristischen Entwicklung. 1816 befährt erstmals ein englisches Dampfschiff, die „Defiance“, den Rhein bis Köln. 1826 wird die "Preussisch-Rheinische Dampfschiffahrtsgesellschaft" (die spätere Köln-Düsseldorfer) gegründet, die bereits ein Jahr später mit dem Dampfer "Concordia" den Linienverkehr zwischen Köln und Mainz eröffnet. Ab 1844 wird das Rheintal mit einer Eisenbahnlinie erschlossen.

"Das ist eine Gegend wie ein Dichtertraum, und die üppigste Phantasie kann nichts Schöneres erdenken als dieses Tal, das sich bald öffnet, bald schließt, bald blüht, bald öde ist, bald lacht, bald erschreckt." 1801 zeigte sich Heinrich von Kleist (1777-1811) tief beeindruckt von der Landschaft am Mittelrhein. Dabei war von Kleist noch durch das Gedankengut der Aufklärung geprägt, aber dem zeitgemäßen Geist der Romantik durchaus zugänglich.

Und die Dichter ließen ihren Träumen freien Lauf, das Rheintal bevölkerte sich mit allerlei mythischen Figuren, Recken und Jungfrauen, Ungeheuern und Sagengestalten. Die bekannteste ist die Figur der Lore-Ley, 1801 von Clemens Brentano (1778-1842) in seinem Roman „Godwil“ kreiert und später von Heinrich Heine (1797-1856) in eine überarbeitete Form gebracht. Die rheinische Burgenlandschaft inspirierte den Rückgriff auf das deutsche Mittelalter, das von den Romantikern zu einer verklärten Welt stilisiert wurde.


 
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Interessante Links

www.sammlung-rheinromantik.de
private Sammlung

www.welterbe-mittelrheintal.de
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Auf den Spuren der Rheinromantik
rund um Bonn


Format: 21 x 14 cm, 160 S., broschiert,
75 Abbildungen, 14 Karten
ISBN 978-3-935873-33-8
4,95 EUR

Die Rheinromantik hat auch rund um Bonn viele Wurzeln. Die ausgewählten 14 Wanderungen berühren sehr unterschiedliche Landschaftsformen, die von den rebenumkränzten Uferlandschaften des Rheins bis zu den großen Waldgebieten des Kottenforstes, des Vorgebirges oder des Siebengebirges mit dem Ennert reichen. Nirgendwo begegnet man auf Schritt und Tritt der rheinischen Geschichte wie hier.
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  Böttcher      
 
Sommernacht am Rhein, Genrebild von Christian Eduard Böttcher, 1862
(Quelle: wikipedia.de)


     
 

Vor dem Hintergrund der französischen Besetzung durch Napoleon und dem Entstehen der deutschen Nationalbewegung bekam der romantische Rückgriff auf die deutsche Geschichte schnell eine politische Bedeutung. Und der Rhein als traditionelles Ziel der französischen Ostexpansion avancierte zu einem Symbol des deutschen Patriotismus. Friedrich Schlegel (1772-1829) schrieb bereits 1803: „Nirgends werden die Erinnerung an das, was die Deutschen einst waren, und was sie sein könnten, so wach als am Rheine.“ Im Zuge der Befreiungskriege fachte Ernst Moritz Arndt (1769-1860) mit seiner 1814 publizierten Schrift „Der Rhein, Teutschlands Strom, aber nicht Teutschlands Gränze“ die nationale Begeisterung für den Rhein an.

Als 1840 in Frankreich revisionistische Kreise erneut die Rheingrenze forderten, entzündeten Nicolaus Becker (1809-1845) mit seinem Gedicht „Der deutsche Rhein“ und Max Schneckenberger (1819-1849) mit „Die Wacht am Rhein“ eine Welle nationaler Begeisterung. Der Rhein hatte sich endgültig als deutsches Nationalsymbol im kollektiven Bewußtsein etabliert. Nach dem erfolgreichen Krieg von 1870/71 fand das patriotische Hochgefühl auch seinen Niederschlag in einer monumentalen Denkmal-Architektur, das Deutsche Eck in Koblenz und das Niederwalddenkmal bei Rüdesheim zeugen davon.

Mit der Entdeckung des mittleren Rheintales durch die Literaten und Maler der Romantik, war ein Höhepunkt in der kulturellen Auseinandersetzung mit dieser Landschaft erreicht. Bereits in der ersten Hälfte des 19. Jh. verflachte im Großen und Ganzen die künstlerische Aufbereitung des romantischen Rheintales, es entstanden die verschiedenen Klischees der Rheinromantik. Neben der bereits erwähnten politisch-patriotischen Linie blieb im beginnenden Massentourismus besonders das leichte Lebensgefühl einer schönen, halt romantischen Landschaft, die neben den Burgen besonders durch den Weinbau geprägt war. Bei Wein, Weib und Gesang geht mit dem Begriff der Rheinromantik die Vorstellung eines teutonischen „dolce vita“ einher. Als beliebtes Motiv entsteht die feucht-fröhliche Weinrunde. Materiell schlägt sich die Rheinromantik vielfach in kunsthandwerklichem Nippes nieder.

Bis heute wirkt aber die Emotionalität dieser Landschaft, mit ihrer besonderen Topograhie, ihrer Geschichte und ihrer Kultur. Für den Zeitgeist der Romantik lieferte das Rheintal eine passgenaue Vorlage, die dankbar aufgenommen und zu einem „Leuchtturm“ romantischen Wirkens werden konnte.

„Gruß dir Romantik! - Träumend zieh‘ ich ein in deinen schönsten Zufluchtsort am Rhein!“ so schwärmte noch in der Mitte des 19. Jh. Ferdinand Freiligrath (1810-1876). An romantischen Genies andernortes fehlte es nicht, wenn man nur beispielsweise an den bekanntesten deutschen Maler dieser Zeit, Caspar David Friedrich (1774-1840) denkt. Die Motive seiner Bilder fand Friedrich in seiner Heimatregion um Greifswald und auf Rügen, später in Sachsen. Wahrlich keine unromantischen Regionen, dennoch gibt es neben dem Rheintal keine Landschaft, die sich das Attribut romantisch als festen Namensbestandteil sichern und die zum Inbegriff der romantischen Naturauffassung werden konnte.


Literaturauswahl:

Dischner, Gisela: Ursprünge der Rheinromantik in England. 1972. 3-465-00895-2

Der Lauf des Rheines. Der Mittelrhein in illustrierten Reisebeschreibungen, Alben, Panoramen und Karten des 17. bis 19. Jahrhunderts aus den Beständen der Bibliothek und der Graphischen Sammlung des Kölnischen Stadtmuseum, der Stadthistorischen Bibliothek Bonn und des Stadtmuseums Bonn. Hrsg. von Werner Schäfke und Ingrid Bodsch. Köln 1993.
3-927396-55-9

Mythos Rhein: Hrsg. Richard W. Gassen und Bernhard Holeczek. Ausstellungskatalog. Wilhelm-Hack-Museum: Ludwigshafen 1992. 3-89466-046-5

Schäfke, Werner: Rheinromantik. Bouvier: Bonn 2001.
3-416-02989-5

Steinacker, Bernhard: Rheinromantik. 24 Sagen der Romantiker. 1994. 3-9801588-3-7

Vom Zauber des Rheins ergriffen... Zur Entdeckung der Rheinlandschaft vom 17. bis 19. Jahrhundert. Ausstellungskatalog. Klinkhardt & Biermann: 1992.
3-7814-0338-6

     
         
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